Technik
Der Grundsatz einer guten Klaviertechnik ist der selbe, wie bei jeder anderen spezialisierten Art der Körperbeherrschung. Er ist denkbar einfach, und doch ist man mit seiner Umsetzung jahrelang beschäftigt:
Jede körperliche Anstrengung, die nicht dem beabsichtigten Resultat dient, ist zu viel.
Auf das Klavierspielen bezogen bedeutet dies zu allererst, dass die gesamte Körperhaltung, insbesondere die Arme, Hände und Finger so entspannt wie möglich sein sollte. Die – sicher gut gemeinte – Ermahnung „Runde Finger!!“ – führt meines Erachtens zum Gegenteil, nämlich einer verspannten Handhaltung; verspannt deshalb, weil lediglich der ANBLICK einer locker spielenden Hand rein äußerlich nachgeahmt werden soll.
Für den Anfänger gilt zum Erlangen eines entspannten Spieles zweierlei: wie fühlen sich die Hände beim und nach dem Üben an, und, fast noch wichtiger, wie hören sich die Töne an, die man hervorbringt? Mit verkrampften Händen ist es unmöglich, musikalisch schöne Töne hervorzubringen. Eine der wichtigsten Übungen am Klavier besteht darin, beim Spielen nicht die innere Vorstellung eines Stückes zu „hören“ sondern bewusst die Töne wahrzunehmen, die man am Klavier erzeugt. Musikalisch ansprechendes Spielen bedingt eine entspannte – und damit effektive – Klaviertechnik. Daher sollte beim Üben immer auf beides geachtet werden: Technische Übungen kann man, auch wenn das schwerfällt, so ausführen, daß sie klangschön und sinnvoll gegliedert sind, und beim Üben von Kompositionen ist es durchaus möglich, die eingeübten Grundbewegungen, meist in abgewandelter Form, wiederzuerkennen.
Auf diese Art vermeidet man von Anfang an den berüchtigten plärrenden „Klavierstundentonfall“. Außerdem bleibt es einem erspart, beim Erreichen bestimmter Schwierigkeitsgrade bemerken zu müssen, dass man sich mit krampfiger Technik in eine Sackgasse geübt hat; bis zu einem gewissen Schwierigkeitsgrad ist es ja durchaus möglich, Stücke – zwar nicht schön aber doch – mit einer schlecht entwickelten Technik zu spielen. Irgendwann jedoch wird man merken, dass es Kompositionen gibt, die sich nur mit sauber aufgebauter, entspannter Technik, oder eben gar nicht bewältigen lassen.
Die Frage der Geläufigkeit, also des virtuosen schnellen Spielens, sollte ein Resultat der anfangs erlernten Relaxation sein, und sich dabei wie ein „Nebeneffekt“ einstellen. Zu früh und forciert antrainierte Geläufigkeit führt oft zu verkrampftem, rein mechanischem Spiel.